08/03/2024 Schlafen bei Tageslicht

An freien Wochentagen hole ich tagsüber vor allem Schlaf nach. Ein Quartal nächtlichen Erwachens liegt hinter mir. Es scheint als würde sich das wachsende Schlafdefizit analog zu den gehäuften Überstunden entwickeln. Wobei die Kausalkette unvollständig ist, denn dazwischen liegt mein erhöhtes Cortisollevel. Und Arbeit ist nur ein Parameter. Ich beschäftige mich mit der Analyse der Folgen für Körper und Geist. Welche Vitamine und Nährstoffe fehlen, was sagt das große Blutbild und schleicht sich Schwermut in dieses Energietal?

Bisher nicht. Ich umarme diesen Schlaf bei Tageslicht. In der Krise der Schlaflosigkeit war nicht daran zu denken. Das DINA4 Blatt zur Schlafhygiene hatte ich farbig markiert, hundertfach gelesen und angebetet, dass allein das Befolgen der Listen die ersehnte Erholung bringen würde. Das Bett sei nur für die Nacht. Im Krankenhaus noch schwieriger einzuhalten als Zuhause. Als selbst Schlaftabletten schwächer waren, als meine innere Unruhe, bedauerten mich selbst hartgesottene NachtpflegerInnen, während MitpatientInnen wissend nickten. Zeitweise war es mir unbegreiflich, wie ich je wieder in den Normalrhythmus kommen sollte. Oder guten Gewissens einen Mittagsschlaf am Wochenende halten könnte. Ich beneidete hart jeden, der das konnte und auf Knopfdruck abends ein- und auch noch durchschlief. Inzwischen bin ich weit von körperlichem Stillstand bei gedanklichem Dauermarathon entfernt. Der Biorhythmus hat sich regeneriert. Und jetzt kommt der Unterschied, der Gewinn der post-depressiven Phase: Müdigkeit am Tag nehme ich an und erkenne sie als Folge konstanter Grenzüberschreitung. Als wäre meine CPU überlastet, würden Arbeitsprozesse ins Stocken geraten und Pausen erzwungen werden. Ich nehme heute wahr, wenn ich meine Powerbank aufladen sollte und mache dann immer besser, was dazu nötig ist. Einfach so, ohne Selbstvorwürfe, ganz so, als würde ich bewusst aus dem Leistungskarussell unserer Gesellschaft aussteigen und die Tickets für die nächsten Runden verfallen lassen. Ganz ohne Fomo, frei von den Bewertungen Anderer. Diese Gelassenheit und Selbstbestimmung hatte ich lange nicht.