20/04/2023 Zwischenwelt

Ich sitze im Raum zwischen schnarchendem Hund und schnarchendem Mann. Ab und zu gluckert der Kühlschrank und spuckt die fertigen Eiswürfel eine Etage tiefer. Hinter mir klingt leise Musik. Wie laut es doch vor dem Schlaf noch ist. In meinem Kopf ist es auch lauter geworden. Ein Teppich an vielen kleinen und großen Dingen wandert, manchmal auch im Kreis. Ich spüre mehr Emotionen, was gut ist. Gleichzeitig spüre ich Anstrengung und Stress intensiver. Auch gut, doch schon ein Kontrast zu der gelassenen Coolness, an die ich mich schon gewöhnt hatte. Weniger vom Medikament heißt eben auch weniger an Schutz, dafür mehr ich. Beobachten, weiter gehen und stabil bleiben. Absetzsymptome sind nicht immer leicht anzunehmen. Am stärksten waren drei Tage Kopfschmerzen nach einer Migräne. Die Vorstellung, dass es in ein oder zwei Wochen wieder vorüber gegangen sein wird, hilft mir. Mitten im Leben voller Aufgaben, Terminen und Möglichkeiten kann ich mit Geduld in Wochen umgehen. In Tiefphasen waren schon Tage kaum zu ertragen. Manchmal sogar Stunden. Eine Woche fühlte sich an wie Monate. Durchhalten ohne Ablenkung, Alltag und Leben ist dann schwieriger als schwierig. Im Gespräch mit Depressiven ist dieses andere Empfinden für Zeit einzubeziehen, um der Überforderung vorzubeugen.

06/03/2023 Birds

I woke up early. The sky is turning blue and the birds are talking. All behind the window, where the garden sleeps in it‘s winter mood. Where do dead birds go? Do they hide when they feel it coming? Are they eaten by other animals? Have you ever compared the number of birds around you with the dead ones lying on the streets?

Why is their death nearly invisible? The presence of dying with symbols, rituals and conversations lost it‘s space in our modern world. We are focused on the perfect shiny surface of ourselves with a good-news-only-attitude. No illness, no death. We became birds. Visible with our beautiful voice and feathers in spring, packed full of hard stuff locked inside.

04/03/2023 Albtraum

Jeder kennt es: Du wachst auf, erleichtert, dass es nur ein Traum gewesen ist. Ein Albtraum, der die aufgewühlten Bilder und Emotionen noch nachhallen lässt.

Doch was, wenn der Albtraum zu großen Teilen Deine Realität gewesen ist? Noch im Schlaf versuchte ich meiner Situation zu entfliehen. Kaum hatte ich eine Szene verlassen, kam der nächste Flashback. Am Ende war ich paralysiert vom depressiven Denken, handlungsunfähig und in Sorge, was ich jetzt alles wieder verlieren könnte. Ohnmacht, Verzweiflung, Selbsterniedrigung – alles wirkte real. Meine Psyche und mein Körpergedächtnis haben diese Erfahrung und die dazugehörigen Gefühle in der Nacht wieder aufgeweckt. Sie geistern in meinem Bewusstsein.


Ich bin wach, erinnere mich und erarbeite mir eine gesunde Distanz zur realen Situation. Es ist gerade alles gut. Ausatmen.

25/01/2023 Street Lights

Early morning – the street lights switch off and the day starts in its grey dress called “moody winter”. I cross the river and breathe in the view towards the city center. Going east, I enter the less known area. With a fresh croissant in my hand I walk along this main street with fashion and food stores. There are lovely backyards with small businesses and a special architecture. To walk through unknown streets is the most intense way to connect with a city. I still remember street names in London, Paris and Hongkong. Shops come and go, street names stay for decades.

Life in a big city always offers new experiences around the corner. You do not have to stick to one way to reach a fixed location. Try another one. Find new perspectives and discover new street lights to connect yourself with your daily environment. It enriches your presence.

15/01/2023 Umkreis

Im Außen rennt die Welt bereits wieder in ihrem gewohnten Tempo, während ich weiter Abstand halte. Eine Handvoll Freunde hätte ich gerne schon getroffen, doch meine innere Stimme lockt mich zurück ins Schneckenhaus. Und die Vernunft, da ich noch nicht wieder ganz genesen bin. Bisher reagierte ich innerlich genervt, wenn ich mich für Ruhe entschied. Seit gestern schwingt die Bewertung ins Positive. Was wäre, wenn ich anerkenne, dass mein Unterbewusstsein genau diese Ruhe wünscht? Anstatt es zu übergehen, um soziale Erwartungen zu erfüllen, folge ich meinem inneren Rat. Schließlich geht es um den Moment und nicht um das erste Halbjahr. Ich genieße das Schneckenhaus – meinen kleinen Umkreis von Zuhause und Familie.

20/11/2022 Isolation

It has been six days in isolation. I am waiting for being released.

Not that I could have walked outside for more than 15 minutes at once. Not that I did not have everything at home. But it is a mental need to feel freedom, again. Being forced to quarantine now reaches my free mind and soul. Just a walk around the block to be connected to the world around me and to see the vibrant energy field of traffic. But what if there is no food delivery service, no warm home and – most important – no peace? No daily life, only survival and destruction. Where do all the civilians at war get their energy from to move on? What if you cannot go back to normal? It is like an isolation not from others, but with others from everything you have seen as your reality. Forever, not just for days. All the places linked to life saved personal memories. Most of these places are bombed ruins, some people you share these memories with are gone. Some of them are dead.

So I stop seeing the last days as a burden. I still have everything I need. I had a smaller radius and some health issues, only. And tomorrow, I will have the privilege to go back to my “normal”, in peace.

09/11/2022 Neue Realität

Ich sitze während des Kinder-Tanzkurses im Café. So sehr mitten im Trubel, dass ich die Piano-Klänge von Hania Rani über meine Kopfhörer drüberlege und zu schreiben beginne. Zwei Monate im neuen Job, d.h. die alte Realität verschwindet immer mehr hinter meinem Rücken. Neues Office, neues großartiges Team, spannende Aufgaben. Ich bin in der neuen Realität angekommen, ein Zukunftsbild, das wahr geworden ist.

Am Anfang einer Veränderung steht eine Entscheidung!

An vieles habe ich mich neu gewöhnt. Vor allem an die Freiheiten und den Raum für Gestaltung. Das Gefühl von Vertrauen von außen ist noch überwältigend. Produktivität ist so viel erfüllender, wenn extremer Druck und Kontrollzwang nicht im Hintergrund über einem schwingen.
Ein positiver Joballtag schenkt mir Energie für den Nachmittag und lässt für den Abend noch etwas übrig. Und dieses Beschäftigt-Sein hat mir durch die schweren Tage mit Absetzsymptomen geholfen. Denn es lenkt ab, lässt keinen Raum für intensive Körperbeobachtung und interpretierte Sorgen. Mit langsamer Reduktion, ärztlicher Begleitung und dem Wissen, dass Symptome auftreten können, startete ich optimistisch. Wenn man dann den dritten Tag mit Übelkeit, Schmerzen und Muskelzucken zugebracht hat, fühlen sich die Tage bis zum Abklingen dann doch nach einer Ewigkeit an. Es hat sich gelohnt. Auch hier hatte ich das zukünftige Bild einer neuen Realität vor Augen. Die beste Motivation, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen und durchzuhalten.

25/09/2022 Von Herzen

Es geht mir gut. Wenn ich die Selbstkritik bezüglich noch mangelnder Form und Fitness beiseite lege und die oberflächlichen Ärgernisse des Alltags relativiere sogar sehr gut. Ich habe diese Phase bewusst in neuen Fotos von mir festgehalten. Authentisch und direkt. Für mein nächstes Buchcover, für mich. Echt sein, natürlich und ehrlich, ist so viel einfacher als so zu tun als ob. Vergeude deine wertvolle Lebenszeit nicht mit dem Aufsetzen einer scheinbar perfekten Maske. Deine Psyche merkt sich die ständige Verleumdung deines wahren Selbst. Es ist befreiend, in die Kamera zu sehen und präsent zu sein anstatt sich gedanklich mit kritischen Ansagen zu befeuern. Direkt von Herzen kommend, wohlwollend und echt. So beschreibe ich die Beziehung zum Fotografen hinter der Kamera und zu mir selbst.

11/09/2022 Erfüllt

Wenn Zukunftsbilder Realität werden, hat die Hoffnung ihren Job erfüllt. Ich geniesse das Neue und Bessere, bin offen und dankbar, mutig gewesen zu sein. Der vage Absprung nach vorne brachte eine sanfte Landung. Hinein in eine andere Realität voller Respekt und Vertrauen. Aus einem Energiekreis der Kontrolle und Unterdrückung kommend, entdecke ich das erhoffte Gegenteil ganz bewusst. All die neuen Eindrücke, die neuen Gesichter und Aufgaben schenken mir Vor-/ Freude.

Ich trage wieder ein Lächeln im Gesicht. Endlich.

28/08/2022 Vorfreude

Neues

Alles ist, wie es sein darf. Erholt, gestärkt und voller Vorfreude zähle ich die Tage bis zum neuen Job. Es wird großartig werden. In Gedanken habe ich die Aufgaben skizziert, alle Hände geschüttelt und eine eigene Routine entworfen. Ich sehe mich, wie ich morgens in ungewohnter Himmelsrichtung mit dem Fahrrad starte oder vor Ort aus dem Bus steige, um die letzten Meter zu Fuß zum Büro zu gehen. Natürlich ohne Regenschirm. Ich fühle das Gefühl, mich auf den nächsten Arbeitstag zu freuen, weil es Spaß macht. Inspirierende Menschen, kreative Projekte und umgeben von Wachstum – darauf freue ich mich.

Rückblick

Vorfreude empfinden bedeutet auch, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Anstatt Angst und Überforderung sowie Aussichtslosigkeit zu sehen, spüre ich Lust auf Neues und bin offen für Veränderung. In depressiven Phasen wünschte ich mir genau das. Ich sehnte mich danach, voller Selbstvertrauen und Flexibilität nach vorne zu schauen. Jetzt bin ich hier. Auf dem Gipfel nach anspruchsvollem Aufstieg in mehreren Etappen. Die Luft ist klar in der Höhe, der Wind mäßig und der neue Horizont weit und einladend.

15/08/2022 Notizen

Von Zeit zu Zeit finde ich Notizen aus anderen Zeiten. Diesmal aus einer schwierigen Phase voller Anspannung und Zweifel.

Pause

Entspannung in der Badewanne. Ein wenig Pause für die Seele. Die Gedanken wechseln. Von “Wie wird es morgen?” zu “Was kommt nächste Woche?” bis hin zu vergangenen Sequenzen von neutral bis dramatisch. Und zwischendurch der Geist der ruft: “Sei jetzt und sei gewahr.”. Ich beobachte die platzenden Schaumbläschen zum Rhythmus der Musik, eine Textzeile schiebt sich an die wellige Oberfläche. Der Schatten des Schaumberges wirkt wie der Eisberg im Meer. Die Vorlesestimme von nebenan dringt durch das gedämpfte Licht. Mein Ring glitzert an seinem Platz, ich atme den zarten Duft aus der nachtblauen Glasflasche namens Geborgenheit ein und vergesse für einen kurzen Moment all die Schwere meiner Realität in Krankheit.

Schlaflos

Es ist die Angst, der Stress kommt nah. Ich sorge mich. Um meine Tochter. Der Husten am Abend wird von Asthma zur allergischen Reaktion auf Tierhaare. Wo bekomme ich Kortison her?

Mein Herz wird schwer wie Stein. Kaum habe ich diese Gedankenschleife auf Logik geprüft und als absurd eingestuft, erscheint die Sorge, nicht wieder einschlafen zu können. Ich stehe auf, spanne meine Muskeln an, halte die Luft und lasse dann wieder los. In Gedanken sage ich mir beruhigende Mantren auf. Atme ein und langsam wieder aus. Mein Körper wird weicher und ich spüre die Müdigkeit, doch meine Gedanken kreisen weiter und weiter. Der Druck auf meinen Rippen ist hoch, ich bin verkrampft. Ein Albtraum vor meinem inneren Auge, es fühlt sich an, als wäre mein Herz kurz vor Panik. Woher kommt dieses Gefühl?

Die Angst um die Atmung meiner Tochter verbindet sich mit dem Niemals-atmen-können meines vor der Lungenreife still geborenen Sohnes. Woher kommt der Druck auf meinen Lungen? Druck, gesund zu werden. Druck im Job. Angst, Familie und Freunde zu enttäuschen. Angst, nicht schlafen zu können. Ich sage mir: “Vertraue dir selbst. Sei geduldig. Verzeihe dir.” und schlafe ein.

15/08/2022 Saying sorry to myself

Not so long ago –

Do not blame yourself for depths.

It is absolutely okay to feel weak.

Be aware of the contrast of your feelings

and the power of your thoughts.

Feeling bad causes weak thoughts which cause weak behavior and result in bad feelings, again.

It is a loop.

So stop making yourself feel bad.

Forgive yourself for having less energy at the moment and for needing some help.

08/08/2022 Korrelation

Gibt es eine Verbindung zwischen einem wiederkehrenden, ungewohnt abgeschwächten Gefühl und einer Veränderung in der jüngsten Vergangenheit? Wie komme ich der Antwort auf die Spur, wenn mir spontan nichts in den Sinn kommt?

Spurensuche

Erst suchte ich allein, dann mit anderen zusammen. Wir gingen gedanklich gut 12 Wochen zurück, irgendwo dort musste die Ursache liegen. Ratlos blieben die Köpfe zurück. Einige Stunden später fiel es mir dann ein, einfach so. Als wenn ich gerade vergessen hätte, was ich eigentlich in der Küche gewollt hatte und es mir dann eine Viertelstunde später in den Kopf kriecht. Ich hatte nach langer Zeit gleich mit drei Menschen persönlich gesprochen, die meine Themen Trauer und/oder Depression teilen. Da fühle ich natürlich mit. Und wann immer es mir besonders gut gegangen war und ich einen Grund zur Freude hatte, bliebt dieses Gefühl bei mir schwach ausgeprägt.

Glaubenssätze

Meine Interpretation: Ein neuer Glaubenssatz hatte sich geformt. “Es darf mir nicht so gut gehen, wo es mir doch so schlecht gegangen war. So, wie es den Anderen jetzt gerade geht.” Ich konnte mir nicht erlauben, zu viel Freude, Glück und Stolz zu empfinden. Erstmals habe ich nicht alte Glaubenssätze entdeckt und versucht, aufzulösen, sondern beobachtet, wie ich einen neuen entwickelt hatte. Reflexion ist hier die Spur gewesen und ich habe mir jetzt bewusst erlaubt, gerade wegen der gemeinsamen Erfahrungen ein Hoch zuzulassen und zu geniessen. Denn dies wünsche ich mir für alle, die gerade dunkle Zeiten erleben. Es ist der Glaube daran, dass auch das schwerste Gefühl seine positive Umkehrung kennt. Für jeden.

31/07/2022 Kaltes Wasser

Nach einer anstrengenden Wanderetappe auf und ab durch eine Schlucht, in der Szenen für Star Wars entstanden, höre ich den Wasserfall. Dem Geräusch nach unten folgend erreiche ich das kalte, klare Wasser. Ich kühle meine Arme, meinen Nacken und mein Gesicht. Was für ein Geschenk eine Quelle ist. Wie lebensnotwenig Trinkwasser ist, wird mir besonders nach Sport, nach dem Aufstehen und ab 26 Grad bewusst. Dass es trinkbar aus der Leitung kommt, vermisse ich besonders, wenn ich in einem Land mit gechlortem Leitungswasser bin.

Sauberes, klares und kaltes Wasser ist mehr als ein Nahrungsmittel, bestehen wir selbst doch hauptsächlich daraus. Der Zugang dazu entscheidet über Gesundheit, Krankheit, Leben und Tod. Zu Recht gibt es Initiativen, die das Menschenrecht auf Wasser in die Welt rufen und Trinkwasserbrunnen bauen. Schon länger meide ich Obst und Gemüse, vor allem Erdbeeren, aus Spanien. Die massive Bewirtschaftung senkt dort den Grundwasserspiegel bedrohlich. Das Wasser von börsennotierten Marken, die es in einer für die Bewohner kritischen Menge entnehmen, ist für mich ein No-Go. Noch scheint das Thema Knappheit diesbezüglich in Nordeuropa aber weit weg zu sein. Noch.

Noch habe ich zu Besuch in der Vulkaneifel die Wahl zwischen einem halben Dutzend unterschiedlicher Quellen aus der Region. Noch habe ich immer den Wasserhahn, um meinen Wasserhaushalt in Balance zu halten. Für mich ist der Zugang zu Wasser kritischer als für andere. Vielleicht fällt es mir deshalb auch erst auf und ich sehe Wasser nicht als Selbstverständlichkeit. Unterwegs sorge ich für Vorrat oder Nachkauf auf dem Weg. Wie zuvor angesprochen gibt es hilfreiche Medikamente, oft gibt es Nebenwirkungen oder Besonderheiten zu beachten. Meines darf eine gewisse Konzentration im Blut nicht überschreiten, da es sonst toxisch ist. Ergo schaue ich hier bewusster hin, gehe dank der “Mehr-Liter” am Tag auch mehr aufs WC und hoffe, dass die regelmäßig überwachten Blutwerte in Ordnung sind. Grund genug für mich mal zu sagen: Danke, kaltes Wasser, mein Lebensretter!