Heute habe ich mich geschminkt. Wie zuletzt vor wenigen Wochen, als es mir schonmal wieder besser ging. Mein Outfit ist auch schick, die Haare gestylt. Ich habe mein Kind von der Schule abgeholt, bin einer spontanen Verabredung unter Kindern gefolgt. Ein neuer Kontakt mit Nummerntausch unter Müttern. Nun sitze ich auf einer Bank. Auf dem Spielplatz. Ganz wie eine normale Mama. Das Buch zum Lesen dabei. Und beobachte mein Kind beim Spielen. Unterhalte mich mit beiden Kleinen, reiche Croissant und geschnittenes Obst und Gemüse.
Das bin ich HEUTE.
In den letzten zwei, drei Wochen saß ich 3-4 Mal pro Woche hier. Allein, mit Bekannten oder als Familie. Von außen betrachtet sah ich aus wie JETZT – nur etwas weniger schick. Meine Gedankenwelt war komplett konträr zu der eben beschriebenen.
Mein Kopf war eine Achterbahn mit Loopings ins Bodenlose.
Wieso kann ich nicht normal sein? Mich locker im Smalltalk über den Spielplatz bewegen. Mein Kind anlächeln oder auch bei Gefahr zur Vorsicht mahnen. Freude dafür empfinden, dass ich ein gesundes, glückliches Kind habe.
Ich fragte mich heute, was meinen mentalen Zustand so verbessert haben könnte. Ich hatte mich in Empathie geübt. Menschen im Rollstuhl gesehen, an Krücken, mit Augenverbänden und Behinderungen. Junge wie Alte. Es heißt, wenn depressive Menschen andere sehen, denen es nicht gut geht, so wird Empathie empfunden. Die macht einem bewusst, was bei einem alles doch da ist und trotz Depression geht. Anstatt nur zu sehen, was gerade alles nicht geht – wie es mein Therapeut gerne ausdrückt.
Heute hatte ich mich zuvor auf einer anderen Parkbank (ja, ich bin krank geschrieben und habe Zeit für sowas) gefragt: “Mit wem verbinde ich die größte Empathie?“. Sofort war es da. Das Bild des nackten, krabbelnden Säuglings in einer schlammigen Auffahrt draußen neben dem SUV-Reifen. Ich drinnen im Luxus, der Neuerdling im indischen Slum unter einer Brücke. Es war knapp gewesen, es war die Ausfahrt eines Parkplatzes. Schritttempo. Dennoch saß der Schock tief. Der Suchende Blick nach der dazugehörigen Mutter sitzt mir unvergessen in der Brust.
Seither sehe ich alles, was ich habe und diesem kleinen Menschenkind gefehlt hatte. Mein warmes Zuhause – statt des 4. Zimmers, das so dringend benötigt wird.
Mein gesundes Kind, statt der gesundheitlich stark beeinträchtigten Kinder in der Notaufnahme. Unser Armbruch, also der meiner Tochter, ist in 2 Wochen verheilt. Gips ab, die zu großen Shirts zur Seite legen für nächstes Jahr zum Sport. Alles gut. Kein existentielles dramatisches Unheil.