Vermissen ist wie träumen – nur rückwärtsgerichtet.
Pause.
Mein Mann sagt, dass man über den Satz erst ein wenig nachdenken muss, bevor er sich erschließt. Ich glaube, er hat Recht. Heute morgen bin ich aus einem komplexen Traum aufgewacht. Wie ein 3D Wimmelbild voller Erzählsprünge. So spannend, dass ich ihn dank luzidem Träumen fortgesetzt und näher angeschaut habe. Ich erkenne Szenen und Personen der Vergangenheit, sehe tief liegende Wünsche für die Zukunft. Ich bin verwirrt und gleichzeitig fühle ich mich leicht, denn alle Ängste und erkennbare Schwere verschwinden mit dem Aufwachen und dem Bewusstwerden. Einfach so.
Vermissen ist anders. Etwas oder jemand, das/der eine wichtige Rolle in meinem Universum spielte, ist nicht mehr da. Dort wo dieses Gefühl der Verbundenheit ihren Ursprung hat, ist es jetzt leer. Je mehr ich gedanklich an diesen Ort zurückreise, um Nähe zu spüren, desto schmerzlicher wird mir das Fehlen bewusst.
Jeder kennt es: Da gibt es diese eine vergangene Liebe – Hey Mr. aX – die man gerne erinnert, die einen kurz lächeln lässt, auch wenn man sich Jahre nicht in die Augen geschaut hat. Da ist das Gefühl von Entspannung, Sonnenwärme und Glück, wenn man den letzten Tag am Meer erinnert und sich nach Urlaub sehnt. Und da ist dieses Stechen in der Brust, wenn ich mich an jemanden erinnere, der gegangen ist. Der nicht mehr Teil meiner Realität ist, und dass manchmal, weil er/sie gestorben ist. Dieses bekannte Gefühl, dass einem von Zeit zu Zeit die Luft zum Atmen nimmt, potenziert sich um ein Vielfaches, wenn Eltern ihr Kind zu Grabe tragen.
Als Mutter habe ich mein Kind Monat für Monat unter meinem Herzen getragen. Dann war plötzlich die Gewissheit da, ein still geborenes Kind für einen kurzen Moment auf unsere Erde zu begleiten. Nur um es dann als Asche der Erde zurück zu geben. Die Leere in meinem Bauch nach der Geburt war so unerträglich, dass ich meine Bauch kaum anfassen konnte. Nicht ungewöhnlich, erzählte mir kürzlich eine andere verwaiste Mutter. Auch sie hatte es so erlebt und von anderen gehört. Nun war der Bauch irgendwann wieder weg und die Leere war ins Innere meiner Seele gezogen.