17/03/2021 Unsicherheit

Föderalismus hat sein Gutes. Doch während sich Deutschland von Gipfel zu Gipfel hangelt, um sich dann doch nur vielleicht an die Absätze allgemeingültiger Regeln zu haltet, nähert sich das Schauspiel selbst einem Gipfel. Letzte Woche war ich froh, das mein Vater einen Impftermin bekommen hatte. In einem anderen Bundesland in der Prioritätsgruppe 2. Der war gestern- eigentlich. Seit 7 Tagen klicke ich in Hamburg mehrmals täglich auf den Aktualisierungsbutton. Impfberechtigt bin ich, ebenfalls in der Gruppe 2. Doch nichts tut sich. Seit dem Einfrieren von AstraZeneca erst recht nicht.

Letzte Woche noch war ich bei der Impfthematik optimistisch gewesen, heute ernüchtert.

Neidisch schaue ich auf die Länder mit hoher Impfquote. Und da ist noch eine Seite, die ich mehrmals am Tag auf Neuigkeiten prüfe. Wird der Urlaub im Mai vom Veranstalter abgesagt oder nicht? Bisher reicht der Stornozeitraum bis Mitte April. Für mich ist diese Abhängigkeit von anderen bei solch essenziellen Themen neu. Ich bin es gewohnt, Entscheidungen selbständig zu treffen. Fahre ich in das verlängerte Wochenende? Kaufe ich mir ein Flugticket? Investiere ich in Aktien oder Anleihen?

Ich werde weiterhin die Reiter meines Browser fleißig reloaden. In der Hoffnung auf Neuigkeiten. Inzwischen ist mir fast egal in welche Richtung. Hauptsache Klarheit trotz der unsicheren Zeiten, in denen wir gerade leben.

03/03/2021 Eine neue Welt

Mit den letzten Monaten wurde das Feld zur Gestaltung des eigenen Lebens immer kleiner, die Wege kürzer. Es braucht Kreativität, um die Tage untereinander unterscheiden zu können. Mal weicht der Arbeitsweg vom Bekannten ab, mal kauft man in einem anderen Supermarkt ein und schlendert durch das Nachbarviertel. Sonst würde die Freude in der Eintönigkeit des Alltäglichen versinken.

Größte anstehende Veränderung für mich wird der Umzug sein. Zwar bleiben die meisten Fixpunkte gleich, das Wohngefühl wird jedoch ein ganz neues sein. Neue Räume füllen, Bewährtes platzieren und das Neue genießen. Die Wandfarbe ist bestellt, der Umzugswagen auch. Wann soll was in die neuen vier Wände und wem muss ich am Ende alles die neue Adresse mitteilen? Viele kleine Teilschritte sind zu bedenken. In Zeiten von Corona umziehen? Würde nicht jeder machen. Für uns war es die Chance bei weniger Wettbewerb den Zuschlag zu bekommen. Und wir haben Zeit. Und keine FOMO. Ist ja eh nicht viel zu unternehmen.

19/02/2021 Symptome

Die Gesellschaften der Welt leiden unter Corona und den Auswirkungen auf das Leben als Individuum und als Gruppe. Erste Symptome sind zu beobachten. Einsamkeit, Depressionen, Überforderung, Angststörungen, Suizide. Existentielle Sorgen, Perspektivlosigkeit, Mehrfachbelastungen im Alltag. Bei jedem ist das Ausmaß individuell, es gibt hierfür keinen Beipackzettel mit Allgemeingültigkeit.

Wie also umgehen mit den Auswirkungen dieser Pandemie? Ich wage einen Vergleich. Aktuell leide ich unter Absetzsymptomen. Ein Medikament weniger, meinem Organismus wird eine Substanz entzogen, die geholfen hat, doch nichts für eine Daueranwendung ist. Mit dem Versatz um eine Woche begann es mit unkoordinierten Muskelzuckungen in der rechten Körperhälfte. Eine Woche später wachte ich immer zwei Stunden zu früh auf und bekam Kopfschmerzen. Schon nachmittags war ich erschöpft vom Tag, es brauchte beruhigende Worte an mich selbst die Schlafstörung nicht zu dramatisieren. Es brauchte Kraft, um die entstandene Dysbalance auszugleichen. Ähnlich würde ich es bei den Corona-Folgen beschreiben. Mit einem Unterschied: Ich weiß laut Beipackzettel, dass dieser Zustand nach der dritten Woche für gewöhnlich beendet ist. Alle Entzugserscheinungen verflogen. Eine Perspektive mit der ich arbeiten kann. Und genau diese fehlt der Welt beim Ausblick auf die kommenden Wochen und Monate. Zudem heißt es, die alte Normalität würde es nie wieder geben. Ergo braucht es die Anpassung an das Neue – irgendwann in der Zukunft.

12/02/2021 Ernten

Lange Zeit habe ich mir vieles erhofft, gewünscht und erarbeitet. Aus Ideen wurden konkrete Handlungen, aus Wünschen wurde Realität. Dort, wo ich einiges bewusst losgelassen habe, entstand neuer Raum zum Atmen und Gestalten. Toxische Verbindungen zehren nicht mehr in Form von Enttäuschung oder Negativität an mir. Ich sehe Bewegung, wo vorher Starre gewesen ist. Aus Angst vor dem Neuen, aus Sorge, dem was kommt, nicht gewachsen zu sein.

Dabei habe ich für mich erkannt, dass die Schwere dann entsteht, wenn wir das große ganze finale Bild vor uns sehen. Dabei vergessen wir gerne, dass zu diesem Bild dutzende Entscheidungen nötig waren und hunderte von Mäuseschritten. Wir sollten zu dem Prozess ja sagen, anstatt zu dem idealisierten Bild am Ende der Reise. Wir haben die Kraft, uns mit jedem noch so kleinen Schritt unserer Vision ein wenig näher zu bringen. Wichtig ist auch hier eine differenzierte Sicht. Denn meine Vision ist nicht unbedingt die Vision anderer. Vielleicht gibt es Ähnlichkeiten, Überschneidungen. Doch jeder hat seine individuelle Vision, nach der er strebt.

Allzu oft vergleichen wir uns mit den Leben anderer. Dabei vergessen wir neben der Andersartigkeit auch die Oberflächlichkeit. Authentisch sind wir meist nur mit den engsten Freunden, diese Schicht bleibt meist hinter der Alltagsmaske unseres Gegenübers verborgen. Also besinne ich mich auf mich, meine Familie und schaue auf die Veränderungen, die vor unseren Augen passieren und anstehen. Ich bin offen dafür, bereit, Gewohntes gegen Neues einzutauschen. Die Samen, die ich für diese Zukunft gesät habe, tragen Knospen wie der Magnolienzweig, den ich mir heute auf dem Markt gekauft habe. Ich freue mich schon auf die baldigen Blüten.

07/02/2021 Visualisieren

Im Sommer. Anfang Juni. Ich sitze im Garten auf der Holzterrasse. Höre das Blätterrauschen der großen Kastanie. Die ersten Farben rundherum zeigen sich in den Blüten. Ich schließe die Augen und stelle mir den Kindergeburtstag hier vor. Mit einer Tafel an Leckereien, Girlande und Spielen. Von drinnen tönt Musik und ich genieße das Wirrwarr aus Kinderstimmen.

Mit diesem Bild voll Leben und Glück öffne ich die Augen. Endlich geht es an die Planung des ersehnten Umzugs. Aus Wunsch wird Wirklichkeit. Vieles ist dafür zu planen und umzusetzen. Die Freude schwingt bei allem mit.

Auch hier ist das Visualisieren des gewünschten Ergebnisses mein Weg, um innere Sicherheit und Überzeugung meiner Entscheidungen zu gewinnen. Es ist so als würde ich schon ein wenig vorausgehen, wenn ich den Wunsch der Zukunft vor Augen habe. Vertrauen in mich und meine Entscheidungen wächst automatisch. Der Zweifel ist wie verkleinert, die Vorfreude steigt.

30/01/2021_2 White sun

When ist comes to favorites of a year, people mostly think about their summer holidays abroad. Well, yes! But there are two things I love as much as beach days: going through huge hills of leaves in autumn and hearing the sound of your own feet while walking on fresh snow. The sunrays dance on the white ice crystals. So good! So magic! And I am grateful we have the 48 hours winter time slot in the north of Germany right now.

What do both favourites have in common? They allow me to act like a child. No matter what age I am. These memories are so strong that seeing this moment in front of you makes you feel young again. And I never think of what others could think about me behaving like a toddler. So why is that? I want to follow my inner voice more often without being afraid of the judgement of others.

What do you not do because of other people? What tells your inner voice when you try to listen? The truth is that other people are so involved in their own life that they think less about you than you think.

30/01/2021 Boxenstop

Tief atmen, mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen und einfach wahrnehmen, was alles wieder ist. Hier, in meinem Leben. Ein Boxenstop. Es ist für mich keine Selbstverständlichkeit nach einer Arbeitswoche und ereignisarmen Nachmittagen zu Hause inne zu halten und ein normales Wochenende zu schätzen. Mit langem Spaziergang im Schnee und jetzt im frühen Dunkel mit Tee. Kein halbes Jahr ist es her, dass ich aus dem Krankenhaus entlassen worden bin.

Erst gestern war ich dorthin zum Kontrolltermin zurück gekehrt. Und bei jedem Weggehen klopfe ich mir gedanklich selbst die Schulter. Ich bin Besucher, kein stationärer Patient. Es ist nicht so, dass ich alles, was dort hinter Gängen und Türen an Leben ist, ablehne. Ich habe auch ein warmes Gefühl zu diesem Ort. Ich suchte Schutz, als ich selbst keinen Halt mehr fand. Einige Menschen, die dort arbeiten, machen den Unterschied mit ihrer Herzlichkeit und ihrem ernsten Interesse zu helfen. Doch ich wusste, dass dies nur eine Pause und keine Heilung für mich bedeutete. Diese wäre erst im Alltag möglich, in kleinen Schritten.

Und jetzt? Einige Monate später fühle ich mich weitgehend „normal“. Stabil und belastbar, mitschwingend in den Gefühlen und voller Zuversicht beim Blick in die Zukunft. Ich bin selektiver geworden bei der Wahl der Menschen, mit denen ich mich austausche. Ich nehme nicht jedes Drama mit. Ich höre mir aufmerksamer beim Denken zu und sortiere um, miste aus. Gedanklich wie physisch. Auf der Suche nach Klarheit, Leichtigkeit und Beweglichkeit. Mit leichtem Gepäck reist es sich leichter. Mit sortiertem Haushalt zieht es sich leichter um. Mit eindeutigen Fragen kommen auch klarere Antworten und Einsichten.

Diese kurzen Boxenstops kann ich sehr empfehlen. Sich Zeit nehmen für die eigenen Gedanken und Absichten. Sich fragen was wirklich wichtig ist und was nur belastet. Sich überlegen, wohin genau die Reise gehen darf. Vieles ergibt sich bereits, wenn das Ziel klarer ist.

25/01/2021 Tagträume

J‘ai cassé mon moule à gâteaux. Pas des larmes, une commande du même. Quelle surprise! Une solution rapide après une seconde sans attention.

Ich habe meine Kuchenform zerbrochen. Keine Tränen, einen Auftrag über dieselbe. Welch‘ Überraschung! Eine schnelle Lösung nach einem Moment ohne Aufmerksamkeit.

Wo war ich in Gedanken? Ich hatte drei Dinge gleichzeitig im Kopf, war gedanklich bei den Folgeschritten und bemerkte nicht, wie steif gefroren meine Finger gewesen waren, die die Tasche nicht halten konnten. Einerseits war ich bei der Arbeit in Ideen versunken – auf französisch. Andererseits war ich schon beim Bezahlen in der Apotheke und beim Mittagessen Zuhause, während ich mein Fahrrad anschloss. In Tagträumen versunken. Jeder kennt Situationen wie diese. Wir sind überall, doch nicht in der Gegenwart. Manchmal tut es sehr gut, sich so zu verlieren, manchmal tut es weh. Wir kennen es von Kindern, die in der Gegenwart verweilen und ihr Zeitgefühl verlieren. Oft mahnen wir zur Eile mit den Worten „Jetzt träum nicht so, wir wollen weiter“.

Ich liebe meine Träume in der Nacht, weil sie mir so viel erzählen. Am Tage wirken sie mir manchmal fremd. Ich fühle mich nicht ganz bewusst und klar, wenn ich bemerke, wie sehr ich abgeschweift bin. Es kommt vielleicht auch einfach zu selten vor. Heute erinnert mich diese Szene von mir selbst an die aktuelle Situation. Wir müssen alles gleichzeitig: Arbeiten, Kind unterrichten und eine Familie versorgen. Gleichzeitig bleibt kaum Raum für Ausgleich, Ablenkung und Zerstreuung. Und irgendwann geht bei diesem Drahtseilakt auch etwas schief. Etwas zerbricht, das sich nicht so leicht ersetzen lässt wie Materielles. Etwas tief in uns zerspringt, in unserem Innersten. Beim ersten Lockdown im März hat mich eben diese Entwicklung beinahe zerbrochen. Ich lag am Boden wie diese Kuchenform aus Keramik. In vielen Einzelteilen. In mühsamer und sehr langsamer Kleinstarbeit habe ich die Teile zu einem neuen Ganzen gefügt. Mit Hilfe von anderen Konstrukteuren und Arbeitern. Am Ende hielt es zusammen, die Sprünge blieben sichtbar. Auch heute spüre ich sehr genau, wo diese neuen Fugen sitzen. Manchmal kann ich kaum glauben, was alles wieder möglich ist. Und manchmal, an Tagen wie heute, wird mir sehr bewusst, wie fragil doch alles ist.

23/01/2021 Oh London!

Why do I write about London? Statistics have shown me that there had been many visitors from this city within the last 24 hours and all of them not for the first time. For many years, I have travelled to London and Paris twice a year for job issues. I really enjoyed spending time in the streets of London. I got favorite places to eat, to shop and to have a look at cool people with great outfits. A walk in the Hyde Park or window shopping in the Regent Street. One of the best things in life I have ever done: I started a business trip one day earlier and alone to join a concert of my favorite singers Fink and Ben Howard together in one show. What a night!

I love the lines of little town houses and the international flair. So many nations and languages in one place. And I love the black cabs and the various coffee shops with walls of ready-to-eat stuff. But this is not what I remember the most. It is the fact that I always thougth about someone who had moved to this city before my first visit. And with every IP address from London visiting my blog I am wondering if this „someone“ is part of the list. This is weird and more than unlikely.

It is what I call „movie scenes par hazard“. I am a rational person. Whenever a movie has too many coincidences, I cannot believe the story anymore. But when I am afraid of seeing someone or hope to see someone, I want all of this „hazards in movies – thing“ in my life. In the positive or the negative way, depending on the person. Do you know what I mean?

If yes – thank you. Now, I do not feel so alone anymore. If no – well, now you know that people like me exist. Greetings to everyone from London and the rest of the world, connected more than ever in this worldwide thing called love in times of this pandemic.

23/01/2021 Vorfreude im Prozess

Bei Projekten habe ich einen Rhythmus beobachtet: Am Anfang steht der Wunsch nach Verbesserung und die Überforderung bezüglich der Umsetzung. Ein erster Plan wird entworfen, wieder verworfen und erstellt. Ich stelle mir dabei vor, wie es sein wird, wenn das Ziel erreicht ist. Das Grinsen liegt schon auf meinem Gesicht und ich freue mich auf den Weg dahin. Je mehr ich darüber nachdenke, desto machbarer erscheint das Bild vom Neuen vor mir, ich empfinde Vorfreude bei jedem weiteren Schritt, den ich mache.
Klar gibt es auch Rückschläge, doch schon bald kommt der Gedanke „das wird“. Zuversicht, vorsichtiger Optimismus stellen sich ein und ich nehme Tempo auf. In diesem Moment freue ich mich nicht nur über das Ergebnis, sondern über jeden Teilabschnitt, der vor mir ist. Ich genieße das Werden, statt nur auf das Ziel zu starren. Und ich bin flexibler was den Ausgang angeht. Schließlich ergeben sich manche Dinge erst im Losgehen.

Oft ist der erste Schritt schwer, manchmal auch ganze Wegstrecken. Manchmal ist es aber auch leicht und fliegt mir zu. Ich weiß vorher nicht, welche Abschnitte zu welcher Kategorie gehören werden. Offen zu sein für Überraschungen und ungeahnte Optionen macht den Weg erst interessant. Bis zu einem gewissen Grad kann ich planen, dann passiert das Leben. Hier loszulassen, anstatt die Steuerung zu fixieren, ist die größte Überwindung. Doch zu glauben, wir hätten es alles in der Hand, ist der größte Irrtum.

21/01/2021 Innere Kämpfe

Tief im Unterbewusstsein sitzen sie. Meist bemerken wir nicht, dass sie dort wohnen. Manche besuchen uns in der Nacht, machen dich wach. Du schaust sie an und verstehst, dass ihnen ein alter Konflikt zugrunde liegt. Ich spreche vom inneren Kampf mit etwas oder jemandem.

Die Frage nach dem tieferen Sinn solcher Erinnerungen schwingt mit. Und so sitze ich hier und frage mich, warum alte Geschichten im Traum neue Szenen erschaffen.

Ich war allein unter wilden Tieren im Nordosten Frankreichs in einer wunderschönen Landschaft. Doch musste ich mich vor den Angriffen der Tierwelt schützen und suchte meinen Weg hinaus.

Parallel war ich bei einem Foto-Shooting und außer mir keiner pünktlich. Ich sah das Tagesziel an geplanten Motiven gefährdet und ging in ein Krisengespräch mit allen Beteiligten.

Für mich haben beide Geschichten etwas gemeinsam. Und beide deuten auf eine alte Situation der Vergangenheit, die sich in der Gegenwart wiederholt. Was habe ich damals gelernt, das mir heute weiterhelfen kann?

Diese Frage wird mich heute beschäftigen. Ob ich eine Lösung oder einen Rat finden werde? Gut möglich.

Denn wo bleibt die Motivation, wenn das Unschaffbare jeden Morgen vor einem ausgebreitet liegt? Ich also einem Kampf gegenüber gestellt werde, der vom Pensum her gar nicht zu schaffen ist? Wenn du noch früher mit der Arbeit beginnst und der Vorteil davon verschwindend gering ist? Wie einen Kampf gewinne, wenn die Aussicht auf Erfolg minimal ist?

Ich werde es tagsüber beobachten und habe vielleicht bald eine Antwort.

18/01/2021 Verbindungen

Es gibt sie, diese unsichtbaren, zarten Verbindungen untereinander. Unser Universum ist voll von ihnen. Einige unter uns sehen und fühlen sie mehr als andere. Ich habe diese eine beste Freundin. Wenn es mir schlecht geht, so spürt sie es und ruft mich an oder schreibt mir. Zufall? Habe ich die ersten Male auch gedacht. Doch seit fast 20 Jahren ist es immer wieder so. Eine Gabe, um die ich sie beneide.

Denke ich an jemanden und erinnere mich an die einst starke Nähe, so bin ich sicher, dass beim Anderen etwas ankommt. Wir sind Meister darin, Verbindungen zueinander aufzubauen, zu pflegen und ebenso zu zerstören. Nicht immer ist die absolute Trennung die Folge, doch verändert ein Konflikt häufig das Miteinander. Andererseits wird eine Verbindung intensiver, wenn sie bewusst und gegenseitig geschätzt wird.

Welches Netz an Verbindungen jede/r Einzelne in seiner Welt gesponnen hat, ist mit jedem Lebensjahr mehr beeindruckend. Ganze Landkarten entstehen mit unseren Begegnungen. Oft bemerken wir durch Zufall, dass sich darin Wege zu gleichen Bekannten kreuzen.

Es kommt vor, dass wir jemandem neu begegnen. Im Gespräch ergeben sich Gemeinsamkeiten und manchmal ganze Wege, die parallel zueinander liefen. Und das ohne voneinander gewusst zu haben. Sofort entsteht sogar rückwirkend eine Verbindung durch ähnliche Erfahrungen.

Es gibt Verbindungen, die einen ein Leben lang erhalten bleiben. Das kann die Verbindung zum eigenen Kind sein, zum Partner oder zum besten Freund. Unzählige gemeinsame Erlaubnisse liegen ihr zugrunde. Dazu zählen die Highlights ebenso wie die Krisen.

Die größte Verbindung, die wir als Menschheit gerade erleben, ist die gleichzeitige Betroffenheit von dieser Pandemie. Alle Kontinente, alle Länder sehen sich mit dieser Herausforderung konfrontiert. Die Verbindung untereinander ist einerseits deutlich im Großen. Andererseits ist sie im Kleinen aufgrund der Einschränkungen schwer zu leben. Ein wenig fühle ich mich um ein Jahrhundert zurück versetzt. Briefe waren das Kommunikationsmittel der Zeit. Meist sah man sich wochenlang nicht und war einander dennoch präsent.

15/01/2021/2 Neue Wege

Ich möchte raus aus der Komfortzone, die bekannten Pfade verlassen und mit dem warmen Gefühl von Ruhe in meiner Mitte weiterziehen. Nicht weit, doch weit genug, dass mein täglicher Radius ein anderer ist. An neuen Fassaden entlang gehen, neue Gesichter im Stadtbild wieder erkennen. Erste Nachbarn ausmachen, einen Lieblingsladen entdecken und neue Perspektiven finden.

Das Gefühl wieder neu gestalten zu können wie beim Anfang, wenn ich eine neue Leinwand vor mir habe. Es bleiben Schnittmengen zum Alten, doch ich komme aus einer anderen Richtung. Danach suche ich wie nach neuen Plätzen für meine Bilder an der Wand. Ich entdecke Lieblingsplätze im neuen Zuhause, finde ideale Orte für meine kleinen Deko-Schätze und spinne mir die Leben der Vormieter zusammen.

Und stelle mir vor wie meine Oma, die hier so glücklich gewesen ist, genau hier vorbei gegangen ist. Zum Karstadt um die Ecke, den es dort nicht mehr gibt. Ich stelle mir vor wie meine Mutter hier als Grundschülerin mit einer Freundin entlang gekommen ist. So viel haben auch diese Orte schon gesehen. Gutes wie schlechtes. Welche Geschichten ich hier schreiben werde? Sie werden kommen, jede für sich und alle zusammen werden ein neuer Abschnitt meines Lebens sein.

15/01/2021 Wohnungssuche

Zwischen Online-Suchen, privaten Empfehlungen und gedanklichen Visionen entsteht ein Bild. Ein Bild von einem neuen Zuhause. Wir lieben unsere Wohnung seit nunmehr 10 Jahren. Und ebenso lange möchten wir am liebsten auch im neuen Zuhause bleiben. Wir ziehen weiter in vier Wände mit mehr Raum und mehr Licht. Ich sehe vieles schon vor meinem inneren Auge. Warum weiter ziehen, wenn das lieb gewonnene Heim so schön ist? Warum Mehrkosten auf sich nehmen, wenn das Bekannte auch genügen kann? Weil es ein Kompromiss wird. Warum nicht mit einem Kompromiss leben und sich in das aussichtslose Getümmel Hamburger Familien mit dem gleichen Ziel begeben? Nun ja, es ist sportlich, doch ich bin Optimist. Da draußen ist das Neue. Das Leben ist Bewegung, nicht Stillstand. Und warum jeden Morgen in einem Kompromiss aufwachen, wenn es doch das Passende wenige Meter weiter gibt? Für uns. Natürlich braucht es zwei Seiten, die zusammenfinden. Wenn Du also hast, was wir suchen, schreibe mir oder sage es weiter. Wir sind bereit weiterzuziehen.

10/01/2021 Angst

Dieses starke, mächtige Gefühl, das aus deinem Unterbewusstsein an die Oberfläche schnellt und die innere Chemiebombe befeuert, die dich zu allem bereit sein lässt. Es durchfährt meinen Körper in einem Ruck. Direkt ohne Umwege vom Schlaf hin zu 120-prozentiger Alarmbereitschaft.

Das ist, was Angst mit mir macht. Das ist, was heute nacht um drei Uhr passierte und sich danach noch viermal wiederholte, als ich jeweils gerade wieder eingeschlafen war. Nur beim ersten Mal gab es einen Auslöser: meine Tochter hat nebenan etwas leidend geseufzt. Wohl nur ein schlechter Traum, sie war nicht einmal wach, als ich 3 Sekunden später und bis zur Decke voller Adrenalin bei ihr war. Was dann passierte war ein Muster. Eine Wiederholung dessen, was meine Urangst um mein Kind ausgelöst hatte. Ich könnte einfach sagen, dass die Reaktion ja als Elternteil normal sei, da kann man sich auch mal erschrecken. Ich könnte sagen, dass es in Ordnung sei und sicher nicht so schnell wieder kommt. Doch komme ich von einem anderen Weg, den ich lange nicht mehr angesehen habe. Es ist der Weg raus aus einer generalisierten Angststörung.

Mit genau diesen Schrecksekunden im Schlaf und in Angst um meine neugeborene Tochter wurde es mehr und mehr deutlich. Anfangs sagte ich mir noch, dass es nur verständlich sei, hatte ich doch nach dem Tod meines Sohnes endlich ein lebendes Kind Zuhause neben mir. Doch daraus wurde eine permanente Angespanntheit, mein vegetatives Nervensystem war Tokyo und New York zusammen – Tag und Nacht voller Leben, Licht und lärmenden Gedankenkarussellen. Ach was sag ich – wie der Hamburger Dom. Es dauerte nicht lange und Panikattacke kurz vor dem Tiefschlaf gesellten sich dazu.

Und an eben diesen Weg erinnert das Aufschrecken der letzten Nacht. Ich habe mich entschieden, das es mir keine Angst machen braucht, Angst gespürt zu haben. Ich durchbreche die Verbindung zum alten Erlebten, indem ich reflektiere, analysiere und es mit der Welt, mit euch, teile.

Das ist für mich schon der halbe Weg. Und jetzt lasse ich los, gebe die Sorge darum ab, halte die Dämonen auf Abstand – und mache weiter. Ohne Angst.